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25.03.2011 - 13:32:28
Der Schein trügt...
Von: PETER STEINKE in der Frankfurter Rundschau vom 29. juni 2005
Origineller Schmuck aus Idar-Oberstein in der Galerie Aurum
Deutscher Schmuck stammt oft aus Idar-Oberstein, der Stadt der Edelsteine und Perlen. Aus Idar-Oberstein beziehen Goldschmiede und Juweliere ihre Rohware, die als konventionelle Perlenkette oder im Ring gefasster Edelstein in der Auslage landet. Dass Idar-Oberstein jenseits der ausgetretenen Pfade der Schmuckgestaltung neue Wege geht, zeigt nun eine Ausstellung mit dem Titel "NSAIO II" in der Frankfurter Galerie Aurum.

Die etwas kryptische Abkürzung steht für "Neuer Schmuck aus Idar-Oberstein" und suggeriert einen eingeführten Markennamen. Den müssen sich die Studierenden der Klasse des niederländischen Schmuckdesigners Theo Smeets am Fachhochschulbereich Edelstein- und Schmuckdesign zwar noch erarbeiten. Für Galeristin Kristina Balzer steht nach der ersten Ausstellung "NSAIO" im Jahr 2003 aber fest, dass ein "neuer Wind" in der Schmuckstadt weht, dass "eine neue Zeit angebrochen ist".

Smeets' Schüler wagen sich weit über die Gestaltung mit traditionellen, in Idar-Oberstein gehandelten Schmuckwaren hinaus. Mit großer Gestaltungsfreiheit probieren sie sich zumeist an reichlich unedlen Materialien wie Kunststoffen, Plastikkleber, Holz und Baumwolle aus. Und spielen so zugleich mit den Luxus-Erwartungen potentieller Käufer.

Am weitesten geht der Gestalter mit dem programmatischen Künstlernamen "Body Politics", dessen Plastikbroschen mit Knorpel, Gelenkkugel und -pfanne an Anatomievorlesungen denken lassen und Inneres gleichsam nach außen kehren. Die Erwartungen gänzlich aufs Glatteis führt Body Politics mit einer Kette. Der sich unregelmäßig zu Kugeln verdickende Kettenstrang scheint schwer und starr wie aus massivem Silber. Der an ein Herz erinnernde Körper des Anhängers aus rotem Leder wirkt dagegen kissenweich. Der Schein trügt. Die Kette besteht aus silbern gefärbtem Kunststoff, das Herz ist hart wie mit Stroh gefüllt.

Organische Formen bevorzugt auch Sebastian Nebert für seine Kunststoffbrosche Heaven. Mehr noch als an Wolken erinnert das Stück an sich teilende Zellen. Erst auf den zweiten Blick erschließt sich Julia Israels weiße Kette Re-Make. Was wie gestickte Ornamente eines Halsschmucks für junge Frauen anmutet, besteht in Wirklichkeit aus in Form gebrachtem Plastikkleber. Grob in der Struktur, aber vom Anschein her doch wie fein ziseliert.

Ein jugendlich-freches Amulett, das auf ironische Weise die Grenzen zwischen Schein und Sein verwischt, ist Stefanie Kalina mit Longlasting Lipstick gelungen. An Stelle des Heiligenbildes ist ein von Süßwasserperlen eingerahmtes, dick mit Lippenstift geschminktes Frauengesicht zu sehen. Die Botschaft wird durch das Wort "Glanz" komplettiert, das - von Perlen umsäumt - den Amulettanhänger abschließt. Auch hier wagt die Schmuckgestalterin einen ungewöhnlichen Materialmix. Frauengesicht und Glanz bestehen aus auf Latexscheiben applizierte Zeitungsausschnitten.

Galerie Aurum, Oppenheimer Landstr. 42 in Frankfurt: bis 16. Juli. Di. - Fr. 11- 18.30 Uhr, Sa. 10-14 Uhr.

Theo Smeets, 22. Juli 2005



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